23.04.2020

Advertainment

Advertainment – Wort des Tages – EVS Translations
Advertainment – Wort des Tages – EVS Translations

Auf den ersten Blick scheinen Werbung und Unterhaltung nichts miteinander gemein zu haben: Werbung soll Produkte verkaufen und Unterhaltung soll eben unterhalten. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass beide auf denselben Kognitions- und Verhaltensprozess angewiesen sind, nämlich der Lenkung und Bindung von Aufmerksamkeit. Darauf beruht ihre Wirksamkeit – oder ihr Scheitern. Da beide den gleichen Input benötigen und die Stärken beider sich ergänzen können, um ein größeres gemeinsames Publikum zu erreichen, liegt es nahe, sie zu verknüpfen. Und damit haben wir unser Wort des Tages.

Der Begriff Advertainment ist offensichtlich ein Kofferwort, also eine Zusammensetzung der englischen Begriffe Advertising für Werbung und Entertainment für Unterhaltung. Das Nomen advertising, eine Substantivierung des Verbes to advertise, das sich vom lateinischen advertere (wahrnehmen, bemerken, die Aufmerksamkeit richten auf) ableitet, wurde erstmals am 29. November 1717 in einer britischen Tageszeitung verwendet, in der es hieß: „The Person entitled thereunto […] may have the Money for the said Bill, paying the Charge of the Advertizing.“ Der Begriff entertainment ist etwas älter und findet sich erstmals im Jahr 1561 in der von Sir Thomas Hoby angefertigten englischen Übersetzung des Libro del Cortegiano von Baldassare Castiglione wieder. Er setzt sich zusammen aus dem Wortstamm, der auf das altfranzösische Verb entretenir zurückgeht, das in Bezug auf die Aufmerksamkeit eines Publikums „zusammenhalten“ bedeutet, und dem Suffix ‑ment, das dem Nomen seinen abstrakten Charakter verleiht. Der Begriff advertainment, der sich auf Medien bezieht, die verschiedene Formen der Unterhaltung mit Elementen der Werbung kombinieren, um bestimmte Produkte oder Marken zu bewerben, wurde im Jahr 1987 Teil des englischen Wortschatzes. In einem Artikel in der Frühjahrsausgabe des Canadian Journal of Educational Communication hielt Gary M. Boyd Folgendes fest: „Both advertainment and peer or colleague pressure are terribly dominating influences, the former largely mediated by technology.“

Im Vergleich zu traditionelleren Formen von Werbung hat Advertainment gewisse Vorteile: In erster Linie kann es auf subtile, aber konkrete Art die Produktwahrnehmung und -assoziation in einem Zielmarkt steigern, ohne sich zu offenkundig aufzudrängen. Außerdem kann gut platziertes Advertainment eine Marke oder ein Produkt auf kostengünstige Weise von der Konkurrenz abheben. Schließlich hat – wie oben angedeutet – Advertainment dadurch, dass es dem Publikum in Form von Unterhaltung (und nicht als direkte Werbung) begegnet, ein größeres Potenzial, eine starke Markenbindung aufzubauen.

Obwohl dieses Wort erst vor gut dreißig Jahren entstand, ist das Konzept noch viel älter. Tatsächlich war bereits im ersten Film, der den Oscar als „Bester Film“ gewann (Flügel aus Stahl von 1927), eine prominente Produktplatzierung der US-amerikanischen Schokoladenmarke Hershey’s zu sehen. Auch sogenanntes Branded Entertainment wie das Projekt Red Bull Stratos von 2012, bei dem Base-Jumper Felix Baumgartner einen Fallschirmsprung aus der Stratosphäre aus knapp 40 km Höhe wagte, als moderne Wiederauflage von Projekten wie dem Camel Caravan, einer von der Zigarettenmarke Camel gesponserten Musiksendung, die 1933 zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, oder dem Kraft Television Theatre, einer Fernsehserie des Lebensmittelherstellers Kraft Foods, und der Konzertreihe The Bell Telephone Hour aus den 1940er- und 1950er-Jahren betrachtet werden.

Um die Frage nach der Wirkung dieses Konzepts zu beantworten, genügt ein Beispiel aus dem Jahr 1982: Als Hershey’s die Möglichkeit nutzte, seine Reese’s Pieces in einem Film über einen gewissen kleinen Außerirdischen zu platzieren, während der Konkurrent Mars ablehnte, stieg der Produktumsatz um 65 % – dank einer einzigen Schlüsselszene in dem Blockbuster E.T.