17.09.2019

Cable Car

Cable Car – Wort des Tages – EVS Translations
Cable Car – Wort des Tages – EVS Translations

Sieht man einmal von den atemberaubenden Brücken San Franciscos ab, dann hat das wohl bekannteste und gleichzeitig nostalgischste Massentransportmittel in dieser Stadt sicherlich Kultstatus. Als Amerikaner haben Sie im Lebensmittelgeschäft vielleicht schon einmal die Werbung für Rice-A-Roni gesehen. Und wenn Sie schon einmal Mr. Rogers’ Neighborhood[1] gesehen haben, dann wissen Sie, dass das heutige Wort des Tages der einzige Weg ist, um zur Neighbourhood of Make-Believe zu gelangen. Die Rede ist natürlich von den Cable Cars, auch Trolleys genannt, den Kabelstraßenbahnen, die eine ziemlich interessante Entwicklung durchlaufen haben, bevor sie gleichsam zum Synonym für San Francisco wurden.

Der Begriff selbst lässt sich in seine 2 Bestandteile bzw. Wörter zerlegen: cable und car, Kabel, Seil, und Auto (oder Wagen). Das Wort Kabel bedeutet ursprünglich ‚starkes Seil/starke Kette zur Verwendung auf einem Schiff’ und geht zurück auf das altfranzösische cable, welches vom lateinischen capere, ‘nehmen oder ergreifen’, abstammt. Als ein „Fahrzeug mit Rädern” kann Auto bis auf das altfranzösische carre, das lateinische carrum, und das ursprünglich gallische karros zurückverfolgt werden, mit der Bedeutung ‚zweirädriger Streitwagen.’

Im Englischen existierten die beiden Einzelbegriffe, wie man sich denken kann, lange bevor es sie in der Kombination gab. Der erste Begriff war cable, der in einem mittelenglischen Gedicht am Übergang zum 13. Jahrhundert auftaucht, Layamons Brut, wo es heißt: ‘he expertly handled the cables’. Ein Jahrhundert später, etwa um 1320, wie es Joseph Thomas Fowler in seinem Werk Extracts from the Account Rolls of the Abbey of Durham 1899 festgehalten hat, können wir folgende Eintragung nachlesen: “In 24 Carcloutis cum clavis pro eisdem. (24 Eisenbleche mit Keil zur Verhinderung von Achsenverschleiß).” Der Begriff Cable Car tauchte erst 1887 auf (etwa 60 Jahre vor der eigentlichen Erfindung), und zwar in J. Bucknall Smiths A Treatise upon Cable or Rope Traction. Hier heißt es: “The excellent control of the cable cars is..admirably demonstrated upon this line.”

Sehen wir einmal von ihrer Bezeichnung und der Entwicklung der Wörter ab, dann unterscheiden sich Cable Cars von anderen Arten des Massentransports, beispielsweise Straßen- und U-Bahnen, durch ihre Funktionsweise. Cable Cars brauchen keine elektrische Oberleitung oder Stromschienen zur Bewegung, denn sie werden angetrieben von, nun, von einem Kabel. Und das funktioniert so: ein Motor bewegt ein starkes Kabel mit konstanter Geschwindigkeit, die Wagen sind mit diesem beweglichen Kabel über eine Art Greifer am Wagenboden verbunden, der wie eine große Zange aussieht, wodurch sich der Wagen fortbewegen kann. Um das Cable Car zu stoppen, löst man einfach den Greifer vom Kabel und bringt die Wagen mit einer Bremse allmählich zum Stehen.

Cable Cars brauchen keine besondere Elektrifizierung und sind daher älter als man denken mag. Fawdon Railway (bei Newcastle), ursprünglich für den Kohletransport entwickelt, war die erste Eisenbahnlinie, bei der 1826 Seilkabel eingesetzt wurden. Die erste nachweisliche Nutzung einer kabelbetriebenen Eisenbahn für den Personentransport erfolgte 14 Jahre später, dank der London and Blackwall Railway.

Bevor die Bewohner San Franciscos das Cable Car nutzen konnten, gab es einen britischen Einwanderer, den Goldrausch in Kalifornien und ein Unglück. Andrew Smith Hallidie war der Sohn des Mannes, der in Großbritannien das erste Patent zur Herstellung von Stahlseilen angemeldet hatte. 1852 beschloss er, den Boom des Goldrauschs zu nutzen, um mehr Anwendungsmöglichkeiten für Stahlseile zu finden. 1869 kam es zu einem Unglück. Hallidie wurde Zeuge eines Unfalls mit einem von Pferden gezogenen Straßenbahnwagen, der dem nassen Kopfsteinpflaster und hügeligen Gelände der Straßen von San Francisco nicht gewachsen war. Nachdem er seine Pläne über mehrere Jahre immer weiter perfektioniert hatte, testete Hallidie im August 1873 die erste Fahrstrecke mit einem Cable Car. In den darauffolgenden Monaten kamen weitere dazu und das System ging in Betrieb.

Mit den Jahren betrieben viele Städte eigene Cable Cars, zum Beispiel Paris, London, Melbourne, New York und Chicago, doch sie gerieten nach und nach technisch und aufgrund ihrer Leistung ins Hintertreffen und wurden durch Untergrundbahnen, Busse usw. ersetzt. Heute betreiben werden in einigen Städten modernisierte Systeme mit vollständig automatisierten Wagen und anderen Antriebsformen betrieben, beispielsweise in Venedig, Mailand und Las Vegas. Was also hielt San Francisco davon ab, die Cable Cars entweder zu modernisieren oder zu verschrotten? Weil die Bürger es anders wollten. So kann man bei SFGATE folgendes nachlesen: „Ende der 40iger Jahre beschlossen städtische Beamte, dass es an der Zeit sei, das in die Jahre gekommene Cable Car abzuschaffen. Glücklicherweise gründete Friedel Klussmann, ein Bürger San Franciscos, zusammen mit zwei Dutzend Frauengruppen den Bürgerausschuss zur Rettung der Cable Cars. Klussmanns Bemühungen hatten Erfolg. Er konnte die Stadtväter davon überzeugen, einige Strecken der Cable Cars weiter zu betreiben.”

[1] US-amerikanische Kinderfernsehserie