10.01.2013

Handel und Übersetzungsmarkt in Russland

Russlands Beitritt in die Welthandelsorganisation war lange fällig. Am 22. August hatte das Warten ein Ende. Nach Abschluss der längsten Beitrittsverhandlungen ihrer Geschichte ist nun auch Russland Mitglied der Welthandelsorganisation. Die politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der WHO-Mitgliedschaft Russlands sind kaum zu überschätzen. Über ein Jahrzehnt lang war die siebtgrößte Wirtschaftsmacht der Welt das einzige Mitglied der G8, das nicht der WHO angehörte, und russische Ökonomen hoffen angesichts der neuen Möglichkeiten, die der Beitritt bereithält, auf einen Wirtschaftsaufschwung für die nahe Zukunft. Einige optimistische Stimmen in der politischen Elite des Landes sagen bereits ein Wirtschaftswunder für Russland hervor, das dem Aufschwung der Wirtschaft Chinas nach seinem Beitritt in die WHO in nichts nachstehe. Objektive Beobachter der russischen Wirtschaft sehen die unmittelbaren Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes hingegen weniger optimistisch.

Zum einen unterscheidet sich das aktuelle Wirtschaftsklima stark von der Situation in 2001. Russland fehlt es an dem starken Produktionsapparat und der Niedriglohnstruktur, die China damals das schnelle Wachstum und den resultierenden Exportüberschuss bescherten. Die meisten Experten sind sich einig, dass es die viel mehr auf Rohstoff basierende russische Wirtschaft schwer haben wird, ein vergleichbares Wirtschaftswunder zu vollziehen. WHO-Generaldirektor Pascal Lamy beschreibt Russlands Beitritt in die WHO immerhin als eine „Lösung offener Probleme” und nicht als „Urknallbeitritt und Schlüsselmoment in der Geschichte der Globalisierung”.

Außerdem wird Russland von vielen Außenstehenden noch immer als schwieriger Geschäftsmarkt angesehen. Indem es der Welthandelsorganisation beigetreten ist, hat sich Russland jedoch zur Anpassung seiner Handelsgesetze und -praktiken an die WHO-Vorschriften und anderen Maßnahmen zur Liberalisierung der Märkte verpflichtet. Es könnte ein großer Schritt zur Liberalisierung des Handels folgen, was Russland zu einem attraktiveren Markt für ausländische Investoren machen könnte.

Auch wenn die wirtschaftlichen Auswirkungen der Mitgliedschaft in der WHO vielleicht nicht so schnell eintreten und so dramatisch ausfallen werden, wie sich einige russische Politiker dies erhoffen, werden die Einführung neuer Vorschriften und das gesteigerte Interesse ausländischer Investoren zweifelsohne vielen Industrien zu Gute kommen, insbesondere im Dienstleistungsbereich. Eine Branche, die von der Öffnung zum Westen hin profitieren wird, ist der Sprachdienstleistungssektor. Vor 20 Jahren war der russische Übersetzungsmarkt noch von Übersetzungen politischer und technischer Art dominiert, da der Fall der Sowjetunion eine Menge neuer politischer und rechtlicher Situationen hervorbrachte, die dutzende verschiedener Kulturen und ihre jeweiligen Sprachen involvierten. In den letzten zehn Jahren waren vor allem Übersetzungen in der Öl-, Gas- und Energieindustrie sowie Übersetzungen im Chemiebereich gefragt, als das energiereiche Russland begann, seine Lieferungen an das energiearme Westeuropa auszudehnen und immense Pipeline-Projekte halb Europa einnahmen. Diese enormen Projekte erforderten eine mehrsprachige Planung, Umsetzung und Finanzierung.

Übersetzungsmarkt in Russland

Auch heute ist in Folge des Beitritts Russlands in die WHO ein erheblicher Anstieg des Übersetzungsvolumens zu erwarten. Insbesondere werden Übersetzungen aus dem Russischen und umgekehrt im B2B-Bereich für Fusionen und Übernahmen, Investitionen, Joint-Ventures, Ausschreibungen und Marktanalysen benötigt. Die Frage ist nur, ob das russische Übersetzungsgeschäft den bevorstehenden Herausforderungen gewachsen sein wird. Natürlich verfügt auch Russland über renommierte und etablierte Übersetzungsdienstleister. Ihre Anzahl ist jedoch relativ gering, gemessen an der Größe des bestehendes Markts und seinem Wachstumspotenzial. Die russische Übersetzungsindustrie gilt darüber hinaus als unterentwickelt und sie operiert nicht nach denselben strengen Qualitätsstandards wie ihre internationalen Wettbewerber. Anstatt von den Auswirkungen der Globalisierung zu profitieren, könnte die Industrie also sogar Schaden nehmen, denn Unternehmen werden ihre Übersetzungs- und Lokalisierungsprojekte für Russisch eher an internationale Dienstleister ausgliedern als direkte Beziehungen zu russischen Übersetzungsunternehmen oder freiberuflichen Übersetzern in Russland aufzubauen.

Wenn Russlands Übersetzungsbranche also von den neuen Möglichkeiten profitieren will, die sich aus der WHO-Mitgliedschaft des Landes ergeben werden, wird sie Investitionen fördern, kompetente Experten beschäftigen, die Modernisierung ihrer Software und Lokalisierungsausrüstung vorantreiben und vor allem messbare Qualitätsstandards einführen müssen, die mit denen internationaler Konkurrenten Schritt halten können.

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