31.10.2018

Horror

Horror – Wort des Tages – EVS Translations
Horror – Wort des Tages – EVS Translations

Das heutige Wort fasst gewissermaßen die Atmosphäre zusammen, die dem aus den Vereinigten Staaten zu uns gekommenen Halloween zugrunde liegt. Es ist das schwarze Zentrum, um das dunkle, stürmische Nächte, nebelige Totenäcker und die unheimlichen Geräusche in Finsternis kreisen. Der wohlige, belebende Schauer, den er uns über den Rücken zu jagen vermag, ist dabei nicht alles. Das Entsetzen und das Grauen, das er bezeichnet, sind ein grundlegender menschlicher Zustand. Dieser wurde in unzähligen Filmen, Comics, Büchern und der guten, alten Gruselgeschichte ausführlich und nicht selten unterhaltsam verarbeitet. Doch das Wort in seinen verschiedenen Bedeutungen hatte im Laufe der Zeit ganz andere, viel stärker körperliche Konnotationen als den puren Schrecken, den es heute bezeichnet.

Das lateinische Wort horror, von dem der heutige Begriff abstammt, kann je nach Kontext verschiedenartig verwendet werden und von der Furcht zur Verehrung bis hin zur religiösen Verzückung alles bedeuten. Die Grundform, das Verb horreo, kann jedoch im engeren Sinne als „Zittern“ oder „Schaudern“ bezeichnet werden, ob nun durch Kälte oder durch Furcht. Der körperlichen Empfindung entsprechend, die mit dem Horror einhergehen, beschreibt es auch das Sträuben der Haare. In die deutsche Sprache hielt das Wort während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts unter anderem in Form des Adjektivs horrend Einzug. Auch dieses beschreibt eine gewisse Form des Entsetzens, allerdings in erster Linie im steigernden Sinne angesichts schierer Größe – oder, in einer anderen Verwendung, maßloser Überteuerung, die einem ebenfalls die Haare zu Berge stehen lassen kann.

In seiner tatsächlich „schauderhaften“ Bedeutung wurde das Wort „Horror“ in erster Linie in medizinischer Fachsprache als Bezeichnung für einen Fieberschauer oder Schüttelfrost horror febrilis) verwendet. In dieser Bedeutung eines Schauderns fand es im Laufe der Zeit Eingang in die Allgemeinsprache. Die Konnotation zunächst mit Abscheu und Ekel ist dabei bereits früh zu entdecken, etwa in Phillip Jakob Speners Theologischen Bedenken (1701), in denen die untersuchende Befragung einer bettlägerigen Braut ergibt, sie „spüre nur etlich wochen einen solchen eckel ob ihrem bräutigam“, dass sie jeglichen Kontakt mit ihm verweigert, was sich unter anderem darin äußerte, dass die bloße Nennung seines Namens einen „horror des gantzen leibes“ bei ihr hervorrief.

Der Bezug zu Schrecken wird vor allem über den Kontakt mit der französischen Sprache hergestellt, und zwar über das Wort horreur, welches sich vom altfranzösischen Begriff horror ableitet. Eberhard Werner Happel etwa lässt in diesem Zusammenhang etwa in seinem Academischen Roman (1690) die Abneigung eines Königs gegenüber einem Hirschfänger, einer zur Jagd verwendeten Klingenwaffe, durch einen französischen captain mit den Worten beschreiben, er habe „besondern einen Horror oder Abscheu darfür [d. h. den blanken Stahl einer Klinge]gehabt“.

Auch die seltsame Faszination und die Anziehungskraft, die Schrecken ausüben kann, blieb in der sprachlichen Entwicklung selbstverständlich nicht aus. So beschreibt etwa Rahel Varnhagen von Ense in ihrem 1834 posthum erschienenen Briefwechsel mit ihrem Ehemann die Betrachtung eines Bildes mit folgenden Worten, die eine gewisse Anziehungskraft des düsteren Themas der Sterblichkeit vermitteln: „Das Bild der todten Königin ist von den wenigen in der Welt, die ich besitzen möchte. Und nicht nur weil […] ich es meisterhaft finde, der ganze Horror des Todes ohne seinen Ekel!“

Mit dieser ausführlichen Beschäftigung mit dem Schauder wünschen wir Ihnen ein angenehmes Halloween, das nur von angenehmem Grusel, vielleicht auch einem guten Horrorfilm, begleitet und weder durch echten Schrecken noch Schüttelfrost erschüttert wird.