20.04.2020

Instagramification

Instagramification – Wort des Tages – EVS Translations
Instagramification – Wort des Tages – EVS Translations

Ein Effekt von Social Distancing und Zuhausebleiben: Wir verbringen mehr Zeit im Internet. Wenn man sich schon in der realen Welt nicht normal bewegen kann, warum sollte man nicht mehr Kontakte in der virtuellen Welt suchen und pflegen? In Zeiten von Quarantänen und Schließungen wollen wir uns heute mit dem englischen Begriff „Instagramification“ befassen.

Selbst wenn Sie nicht genau wissen, was er bedeutet, kennen Sie – falls Sie in den sozialen Medien unterwegs sind – ziemlich sicher das Gefühl, das er beschreibt. Definiert wird der Begriff nämlich als das Gefühl einer unmittelbaren Belohnung, das ein Instagram-Nutzer empfindet, wenn auf dem Smartphone die Benachrichtigung erscheint, dass jemand den eigenen Post mit einem Like markiert hat. Erstmals erläutert wurde er von „Yolstar“ am 15. Juni 2011 im Urban Dictionary, wobei „MissPloppyDooDoo“ zur Veranschaulichung diente, die erst dann wieder gute Laune bekommt und in eine Art Instagram-Rausch verfällt, als sie auf ihrem Smartphone die Benachrichtigung liest, dass der Nutzer MrCisternStroker ihren Post auf Instagram mit einem Like markiert hat.

Der englische Begriff ist ein Portmanteau, d. h. eine Kombination, aus Instagram, dem Ende 2010 ins Leben gerufenen Foto- und Videoportal (heute ein Facebook-Unternehmen), und dem Konzept der Instant Gratification, das sich im Deutschen mit „unmittelbarer Belohnung“ wiedergeben lässt und eine sofortige emotionale Befriedigung beschreibt. Graben wir noch ein bisschen tiefer: Das englische Wort gratification leitet sich von dem lateinischen Wort gratificari ab und bedeutet „befriedigen, schenken“. Im Sinne von Befriedigung wurde der Begriff erstmals von John Florio in seinem Werk A Worlde of Wordes aus dem Jahr 1598 verwendet. Das englische Wort instant stammt von dem lateinischen Wort instans ab und wurde erstmals in der Bedeutung „unmittelbar, sofort, gleich“ in Shakespeares Heinrich IV, Teil 1 aus dem Jahr 1598 verwendet („I fear the power of Percy is too weak to wage an instant trial with the king.“ – Ich fürchte, Percys Macht ist allzu schwach, gleich mit dem König den Versuch zu wagen.)

Wir alle kennen das tolle Gefühl, wenn unsere privaten Posts in den sozialen Medien Likes erhalten, doch allmählich hält der Begriff auch in der Geschäftswelt Einzug. Ein aktueller Trend besteht darin, dass Start-ups, die aus der virtuellen in die reale Welt gezogen sind (beispielsweise Away, Warby Parker und Melody Ehsani), ihre Räumlichkeiten mit grellbunten Wänden, griffigen Slogans und Nischen mit interessanten Requisiten gestalten, um Millenials und Mitglieder der Generation Z auf der Suche nach spannenden Kulissen für Posts in den sozialen Medien anzulocken. Ein netter Nebeneffekt: Kostenlose Firmenwerbung in den sozialen Medien.

Der Trend besteht also darin, als Unternehmen zu versuchen, mit der Gestaltung des Arbeitsplatzes Aufmerksamkeit zu erlangen oder sogar instagramierbare Arbeitsplätze zu schaffen, um neue Talente unter den Millenials und der Generation Z für sich zu gewinnen.

Eines ist klar: Das Phänomen der Instagramification kann dem Nutzer zwar ein gutes Gefühl verschaffen, doch es gibt auch eine Kehrseite. Zahlreiche Studien haben ergeben, dass Instant Gratification über Social Media zur Sucht werden und Neid sowie das Gefühl der Unzulänglichkeit hervorrufen kann. Ironischerweise können dadurch sogar Gefühle der Trauer verstärkt werden und das allgemeine Wohlbefinden kann sich verschlechtern. Wie bei vielen anderen Dingen im Leben gilt auch hier: „Instagramification“ hat ihren Platz in der Welt und kann als vorteilhaft gesehen werden – aber nur, wenn sich das eigene Gefühlsleben auch aus anderen Quellen speist.