24.06.2014

Kiwi

Kiwi
Wort des Tages – Kiwi – EVS Translations

Die Kiwi: ein Lehrstück in puncto Vermarktung und Wirtschaftsdenken

Wer Kiwi hört, denkt an Neuseeland – entweder an den Vogel, die Frucht oder eine aus dem Inselstaat stammende Person. Die Frucht jedoch, die heute jeder kennt, war nicht immer als Kiwi bekannt. Ursprünglich stammt sie aus Yichang im nördlichen China und wurde dort von Reisenden aus dem englischsprachigen Raum im 19. Jahrhundert erstmals beschrieben, die sie mit zurück in ihre Heimatländer, nach Großbritannien und in die Vereinigten Staaten, nahmen.

1887 bezeichnete der Engländer Augustine Henry die Kiwi-Pflanze als eine Art „Kletterstaude, die essbare Früchte trägt, die ungefähr so groß sind wie Pflaumen”. In den Vereinigten Staaten wird der Erstimport zumeist G. D. Brill zugeschrieben und auf ca. 1900 datiert. Und dafür, dass die Kiwi heute in erster Linie mit Neuseeland assoziiert wird, ist Mary Fraser verantwortlich: Sie war Leiterin einer Mädchenschule in Neuseeland, brachte Kiwi-Samen von einem Besuch bei ihrer Schwester zurück, die im chinesischen Yichang lebte, und zog die ersten Kiwi-Früchte in Neuseeland im Garten ihrer Schule heran. Zuerst wurde ihr ursprünglicher, chinesischer Name Yang Tao beibehalten, doch mit der Zeit und mit zunehmender Beliebtheit, bürgerte sich in Neuseeland die Bezeichnung „Chinesische Stachelbeere“ ein. Zu einem Exportschlager entwickelten sich Kiwis aus Neuseeland allerdings erst im Zweiten Weltkrieg, als US-amerikanische Soldaten, die in der Pazifik-Region stationiert waren, auf den Geschmack kamen und die Frucht immer mehr Anhänger fand.

Schon kurz nach Kriegsende waren Bemühungen im Gange, Kiwis in die Vereinigten Staaten einzuführen. In den 50er-, 60er- und 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts war die Beziehung zwischen den USA und China jedoch angespannt (bis 1979 gab es in China noch nicht einmal amerikanische Botschafter) und zudem wurden Beerenfrüchte in den USA zu dieser Zeit mit hohen Zöllen belegt. Die Bezeichnung „Chinesische Stachelbeere“ war also nicht mehr opportun, die Zeit für ein „Rebranding“ war gekommen. Produkte mit „China“, „chinesisch“ etc. im Namen verkauften sich schlecht und alles, was mit Beeren in Zusammenhang stand, war teuer. Also wurde der Kiwi ein neues Image verpasst: Aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit dem Kiwi-Vogel, dem nationalen Symbol Neuseelands, wurde die kleine, braune, pelzige Frucht in Kiwi umbenannt und als nationale Frucht der Kiwis (also der Einwohner Neuseelands) vermarktet. Und da es so gut wie keine Wettbewerber gab, nahm Neuseeland als Kiwi-Lieferant schon bald eine weltweit führende Rolle ein.

Die Nachfrage stieg, doch heute belegen die ca. 3.000 Kiwi-Anbauer in Neuseeland nur noch den dritten Platz auf der Skala der global bedeutendsten Kiwi-Produzenten. In den späten 1980ern machte sich nämlich Italien seine bestehende Technologie und Infrastruktur zum Weintraubenanbau zunutze. Dadurch und aufgrund seiner Nähe zu den europäischen Märkten und damit verbundener geringer Transportkosten sowie dank EU-Subventionen konnte Italien billigere Kiwis anbieten als Neuseeland und lief dem Inselstaat so den Rang als führender Kiwi-Exporteur ab. Seit einigen Jahren mischt jedoch auch China wieder mit, das den heimischen Kiwi-Anbau stark subventioniert und seine Infrastruktur sowie die Anbaubedingungen verbessert hat. Und das mit Erfolg: China ist heute wieder Weltmeister im Anbau Chinesischer Stachelbeeren!

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