02.06.2020

Linguistische Validierung

Linguistische Validierung – Wort des Tages – EVS Translations
Linguistische Validierung – Wort des Tages – EVS Translations

In einem seiner Seminare über die Vermittlung von Informationen formulierte Management Consultant W. Edwards Deming einmal sehr treffend: „Wir wissen, was wir ihm gesagt haben. Aber wir wissen nicht, was er gehört hat.“ Mit anderen Worten: Wenn wir Informationen nicht absolut transparent kommunizieren und sicherstellen, dass sie auch so verstanden werden, wie sie gemeint sind, ergibt sich kein lückenloses Gesamtbild. Natürlich ist es in allen Branchen wichtig, dass Informationen zuverlässig und leicht verständlich sind. Doch in der Übersetzungsbranche kommt diesem Aspekt eine ganz besondere Bedeutung zu. Daher befassen wir uns heute genauer mit dem Begriff der linguistischen Validierung.

Bei der linguistischen Validierung handelt es sich grob gesagt um die Überprüfung der Zuverlässigkeit und Gültigkeit der Inhalte und der konzeptuellen Gleichwertigkeit einer Übersetzung. Das Adjektiv linguistisch ist eine Rückbildung des Wortes Linguist, das Ende des 16. Jh. aus dem lateinischen lingua (Zunge, Rede, Sprache) abgeleitet wurde und ursprünglich den Sprachkenner bezeichnet. Im Gegensatz zum Englischen und Französischen bleibt der Begriff im Deutschen jedoch selten und nimmt erst im 19. Jh. die Bedeutung Sprachforscher an. Seit dem 20. Jh. bedeutet linguistisch dann grundsätzlich sprachwissenschaftlich. Der Begriff Validierung leitet sich von dem lateinischen Adjektiv validus (stark, kräftig, fest, wirksam) ab. Laut Duden hat validieren folgende Bedeutung: die Wichtigkeit, die Gültigkeit, den Wert von etwas feststellen, bestimmen.

Linguistische Validierung ist sehr wichtig, denn offensichtlich ist keine Sprache wie die andere. Einzelne Sprachen können zwar gemeinsame Wurzeln haben, doch jede Sprache ist zugleich auch Ausdruck kultureller Identität und steht für unterschiedliche Ausdrücke, Gedanken, Konzepte und andere, schwer greifbare Aspekte. Der Versuch, Sprachen im Übersetzungsprozess als austauschbar zu behandeln, endete häufig in berüchtigten Marketing Fails. Die Unterschiede zwischen Sprachen sind auch der Grund, warum die meisten Internetseiten, die eine einfache Maschinenübersetzung anbieten, häufig an einer adäquaten Übersetzung scheitern. Im günstigsten Fall wird die Botschaft aufgrund solcher Stolperfallen nur minimal verändert. Doch im schlimmsten Fall kann mangelnde Präzision schwerwiegende Auswirkungen auf medizinische Daten und ganz konkret auf die Kommunikation von Ergebnissen haben. Aus diesem Grund kommt die linguistische Validierung häufig bei Clinical Outcomes Assessments (COAs) – z. B. Patient Reported Outcomes (PROs), Clinician Reported Outcomes (ClinROs), Observer Reported Outcomes (ObsROs) und Quality of Life (QOL) Questionnaires – zum Einsatz.

Damit bei einer Übersetzung (buchstäblich) keine Daten verloren gehen, erfolgt die linguistische Validierung in vier grundlegenden Schritten.

1. Zunächst werden die Daten von mindestens zwei voneinander unabhängigen Übersetzern übersetzt, die sprachlich wie fachlich Experten auf dem jeweiligen Gebiet sind.

2. In einem zweiten Schritt werden diese Daten in einer einzigen Arbeit harmonisiert, die die jeweils besten Lösungen aus den beiden Übersetzungen enthält. Dabei wird darauf geachtet, dass das Konzept in der Übersetzung dem Konzept im Ausgangstext entspricht.

3. Die harmonisierte Übersetzung wird anschließend in die Ausgangssprache rückübersetzt.

4. Sobald die Übersetzung der harmonisierten Daten im Abgleich mit dem Ausgangstext korrekt erscheint, beginnt die Arbeit an einer finalen, korrigierten Übersetzung in die Zielsprache.

Übersetzungsfehler bedeuten bekanntlich Zeitverlust und Kosten. Und gerade in der Medizin, insbesondere bei klinischen Studien und im klinischen Bereich, gilt das bekannte Sprichwort: Zeit ist Geld. Nicht nur bei der detailgenauen medizinischen Forschung, sondern auch bei der Übersetzung solcher Daten sollte nichts dem Zufall überlassen werden. Andernfalls laufen wir Gefahr (um mit Deming zu sprechen), nicht zu wissen, was unser Gegenüber hört.