04.08.2016

Muskatnuss

Muskatnuss – Wort des Tages - EVS Translations
Muskatnuss – Wort des Tages – EVS Translations

Die Muskatnuss, seit der Antike wegen ihrer kulinarischen und medizinischen Eigenschaften bekannt, wurde im Mittelalter von arabischen Händlern vom Indischen Ozean über den Hafen von Venedig nach Europa gebracht. Über den eigentlichen Ursprung wissen wir damit aber noch nichts.

Der hohe Preis des Gewürzes, das manchmal in Gold aufgewogen wurde, war hauptsächlich auf den Glauben zurück zu führen, mit ihm die Ausbreitung der Beulenpest verhindern zu können. Leider stellte sich dies als Trugschluss heraus, aber die Europäer hatten die halluzinogene Wirkung der Muskatnuss längst entdeckt.

Über die Wirkung wurde vermutlich im 12. Jahrhundert erstmals berichtet, und zwar von der deutschen Benediktiner-Äbtissin Hildegard von Bingen, die empfahl, regelmäßig mit Muskatnuss gewürzte Plätzchen zu verzehren, um so zu mehr Freude und einer positiven Lebenseinstellung zu gelangen. Die erste nachweisliche Erwähnung des Wortes in gedruckter Form findet sich in den British Foreign Office Records von 1387. In den folgenden Jahren tauchte die Muskatnuss sowohl in Geoffrey Chaucers Sir Thopas als auch in John Trevisas On the Properties of Things auf.

Ende 1400 übernahmen die Portugiesen die Kontrolle über den Gewürzhandel, später wurden sie von den Niederländern verdrängt, die mit den Briten um den Zugang zu dem seltenen Gewürz wetteiferten, dessen Name sie aus dem Lateinischen (nux ‘Nuss’ + muscat) und dem Altfranzösischen nois muguete, ungeklärte Abwandlung von nois muscade, ‘Nuss, die wie Moschus duftet’, übernahmen.

Der hohe Wert der Muskatnuss führte dazu, dass Exporteure manchmal Nachbildungen aus Holz in die Säcke packten, wodurch die Umgangssprache des viktorianischen Zeitalters Ende 1800 durch den Ausdruck being nutmegged bereichert wurde, in der Bedeutung ‚betrogen oder getäuscht werden, besonders in einer Art und Weise, bei der das Opfer sich lächerlich macht und der Betrüger als clever gilt‘.

Und weil Frankreich gerade Gastgeber der Fußball-EM war, nutzen wir die Gelegenheit, um den Begriff „to nutmeg“ in Zusammenhang mit den Fachbegriffen des Fußballs zu erörtern. Hier bedeutet nutmeg, den Ball zu tunneln, d. h., ihn durch die Beine des Gegners zu spielen. Und einige der besten Ballkünstler, die diese Technik beherrschen, z. B. Messi, Ronaldo und Kaka, wissen sehr genau, dass erfolgreiches Tunneln die Zuschauer begeistern und das Spiel neu beleben kann, dass es aber, falls die Technik keinen Erfolg hat, auch zu Gegenangriffen führen kann, die dem Spiel eine völlig neue Wendung geben können.

Eine plausible Theorie ist, dass der Begriff nutmeg im Fußball sich von der oben beschriebenen idiomatischen Bedeutung ableitet. Eine andere Erklärung könnte sein, dass die Geschicklichkeit, den Ball zwischen den Beinen des Gegners hindurch zu spielen, nach einer ganz anderen umgangssprachlichen Verwendung der Begriffe nuts und nutmegs benannt wurde, nämlich als Synonym für Testikel, und in diesem Sinne bereits Mitte 1600 gebraucht wurde. So heißt es in einer englischen Ballade von 1690: “I’ll immediately whip out your nutmegs, he cried” – sinngemäß etwa: Ich werde dir gleich deine Nüsse polieren, schrie er.