17.03.2020

Pandemie

Pandemie – Wort des Tages – EVS Translations
Pandemie – Wort des Tages – EVS Translations

Wer in den letzten vier Wochen in irgendeiner Form Nachrichten konsumiert hat, kennt das heutige Wort des Tages – und kann es inzwischen wahrscheinlich schon nicht mehr hören. Wenn im aktuellen Kontext das Wort „Pandemie“ fällt, kommt man nicht umhin, sofort ans Händewaschen, an Handdesinfektionsmittel und an Gesichtsmasken zu denken. Dabei hat das Wort von seinem Ursprung her nicht unbedingt etwas mit Krankheiten zu tun. Was also ist eine Pandemie und wie unterscheidet sie sich von einer Epidemie oder einem Ausbruch?

„Pandemie“ geht auf das griechische Wort pandemos zurück, das sich aus der Vorsilbe pan (= alle) und dem Stamm demos (= Volk) zusammensetzt. 1666 fand das Wort dann Eingang in die englische Sprache, als Gideon Harvey in seinem Werk Morbus Anglicus, or The Anatomy of Consumptions die Angst beschrieb, die herrscht, wenn Krankheiten große Gebiete heimsuchen oder einen großen Teil der Bevölkerung betreffen („Some [diseases] do more generally haunt a Country …whence such diseases are termed Endemic or Pandemic“).

Heute ist fast nur noch im Zusammenhang mit Krankheiten die Rede von Pandemien und das Wort wird zumeist als Nomen verwendet. Im Englischen findet man Beispiele für eine allgemeinere Bedeutung in A.D.T. Whitneys Buch The Other Girls aus dem Jahr 1873, in dem „pandemisch“ im Sinne von „selbstverständlich“ oder „weit verbreitet“ verwendet wird („It is absolutely exceptional; it will never be pandemic“), und in der Sammlung The Prose Works of Percy Bysshe Shelley aus dem Jahr 1888, der zu entnehmen ist, dass Shelley in seiner Übersetzung („The Banquet“) von Platons Symposion (zu Deutsch: „Gastmahl“) mit dem Adjektiv „pandemic“ auf die körperliche, sinnliche Liebe Bezug nimmt („That Pandemic lover who loves rather the body than the soul is worthless”).

Dennoch denken wir bei einer Pandemie zuerst an eine Krankheit. Doch wie lautet eigentlich die genaue Definition? Im Allgemeinen wird zwischen einem Ausbruch, einer Epidemie und einer Pandemie unterschieden: Bei einem Ausbruch handelt es sich um das plötzlich gehäufte Auftreten einer Krankheit in einem begrenzten Gebiet, bei einer Epidemie findet die Verbreitung über ein größeres Gebiet statt und von einer Pandemie wird gesprochen, wenn sich eine Krankheit über mehrere Länder und Regionen hinweg verbreitet und nicht eingedämmt werden kann. Die Weltgesundheitsorganisation bezeichnet den Beginn einer Pandemie offiziell als Phase 5 und definiert ihn als den Zeitpunkt, zu dem die Übertragung von Mensch zu Mensch zur Ausbreitung eines Virus in mindestens zwei Ländern derselben WHO-Region geführt hat. Die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention hingegen sprechen dann von einer Pandemie, wenn die folgenden drei Kriterien erfüllt sind: Ein Virus verbreitet sich weltweit, wird von Mensch zu Mensch übertragen und kann eine schwere, potenziell tödliche Krankheit auslösen.

Viele bezeichnen die Ausbreitung des Coronavirus schon seit etwa einem Monat als Pandemie, die WHO hat sie aber erst vor wenigen Tagen (am 11. März) dazu erklärt, da die Zahl der Krankheitsfälle außerhalb Chinas in den zwei Wochen davor um das 13-Fache gestiegen ist und inzwischen in über 110 Ländern der Welt insgesamt mehr als 120.000 diagnostizierte Fälle gemeldet wurden. Und es ist verständlich, dass die Gesundheitsbehörden im Umgang mit dem Begriff umsichtiger sind als die Medien, denn er ruft Gedanken an Krankheiten wie die Spanische Grippe, die Tuberkulose, die Pocken, Gelbfieber, die Masern, Typhus und HIV/AIDS hervor – sie alle galten offiziell als Pandemien oder wurden als solche gesehen, haben unermessliches Leid über viele Menschen gebracht haben und führten zu vielen Toten.

Bei der Pressekonferenz, auf der die Pandemie-Einstufung der WHO bekannt gegeben wurde, äußerte sich deren Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus wie folgt: „Das Wort Pandemie sollte nicht leichtfertig oder nachlässig verwendet werden. Sein Missbrauch kann unbegründete Ängste auslösen oder dazu führen, dass unberechtigterweise davon ausgegangen wird, dass der Kampf vorüber ist, und so zu unnötigem Leiden und Sterben führen.“