08.11.2017

Paradise Papers

Paradise Papers – Wort des Tages – EVS Translations
Paradise Papers – Wort des Tages – EVS Translations

An Sonntagen geht es in der Nachrichtenwelt im Allgemeinen ja eher ruhig zu, doch am letzten Sonntag war das ganz anders. Der Grund: ein Datenleck mit einem Volumen von unglaublichen 1,5 Terabytes an Daten bzw. 13,4 Millionen Dokumenten, die Aufschluss über die Offshore-Vermögen prominenter Persönlichkeiten aus der Politik, der Wirtschaft und der Unterhaltungsbranche geben.

Die Paradise Papers sind das zweitgrößte Datenleck nach den Panama Papers, die vor eineinhalb Jahren Schlagzeilen machten und u. a. einige Staats- und Regierungschefs und Prominente in Bedrängnis brachten, die das in Panama ansässige Unternehmen Mossack Fonseca (die viertgrößte Offshore-Anwaltskanzlei der Welt) mit der Gründung von Briefkastenfirmen in Steueroasen weltweit beauftragt hatten. Die Paradise Papers wurden, wie zuvor die Panama Papers, der Süddeutschen Zeitung zugespielt und umfassen Unterlagen von zwei Offshore-Dienstleistern sowie die Handelsregister von 19 Steueroasen. In ihnen finden sich bekannte Namen aus ganz unterschiedlichen Bereichen, wie z. B. Königin Elizabeth, US-Handelsminister Wilbur Ross, Lord Ashcroft, Madonna, Bono, Minister aus Donald Trumps Kabinett, indische Politiker, staatliche Firmen und Unternehmensriesen wie Apple, Facebook und Walmart.

Schätzungen zufolge macht die Offshore-Finanzindustrie, der ein System aus Doppelbesteuerungsabkommen, Stiftungen und Strohfirmen zugrunde liegt, etwa 10 % des gesamten Weltfinanzsystems aus. Und auch wenn die Gründung von Offshore-Firmen aus steuerlichen Gründen bzw. die Verlagerung von Kapital in Steueroasen nicht unbedingt illegal ist, so ist sie doch umstritten und als „unethisch“ gebrandmarkt.

Unter den Begriff Paradise Papers fallen Millionen von Finanzdokumenten und Korrespondenzunterlagen, die zeigen, wie einige der vermögendsten, mächtigsten Menschen und der größten multinationalen Unternehmen der Welt ganz legal Steuern vermeiden und Vorschriften umgehen – und wie die Offshore-Finanzmacht in einigen Fällen eingesetzt wird, um die internationale Politik zu beeinflussen.

Die eigentliche Quelle der Paradise Papers ist nicht bekannt, doch 16 Tage vor den ersten Veröffentlichungen kündigte ein Reddit-Nutzer mit dem Namen PanPthrowaway die kommenden Enthüllungen an und gab ihnen ihren Namen: „Die nächsten Leaks betreffen hochrangige Mitglieder der Trump-Administration … In etwa zwei Wochen werden Meldungen (ohne Bezug zu Paradise) erscheinen, die ein schlechtes Licht auf Wilbur Ross werfen … Guter Journalismus braucht seine Zeit. Hunderte von Menschen arbeiten an Paradise und ihnen liegt viel daran, dass nichts schiefgeht.”

Der Name Paradise Papers wurde wohl entweder in Anlehnung an den französischen Begriff für Steueroase („paradis fiscal“) ausgewählt oder mit Bezug auf den idyllischen, paradiesischen Charakter der meisten Offshore-Gebiete, deren Machenschaften nun aufgedeckt wurden. Dazu gehören Mauritius und die Seychellen, aber auch die Kaimaninseln und Bermuda, wo das Offshore-Rechtsdienstleistungsunternehmen Appleby, das im Zentrum des Skandals steht, gegründet wurde und seinen Sitz hat.