29.03.2016

Pipette

Pipette – Wort des Tages - EVS Translations
Pipette – Wort des Tages – EVS Translations

Die meisten von uns halten Louis Pasteur für den Erfinder der Pipette, doch reichen die allerersten Beispiele zurück bis in das späte 18. Jahrhundert, als der französische Chemiker, Pharmazeut und Erfinder Francois Descroizilles das alcalimetre, den frühen Vorläufer der Pipette, erfand.

Und das Wort pipette gab es in der englischen Sprache lange vor Pasteurs Geburt, nämlich bereits 1818, als direkte Entlehnung aus dem Französischen, wo pipette die Verkleinerungsform von pipe ist, und dieses wiederum stammt vom vulgärlateinischen Wort pipa. Das Wort kam also offensichtlich in der Bedeutung „kleines Rohr“ in die englische Sprache (es gibt ein einziges Beispiel für den Gebrauch des Wortes zur Bezeichnung einer kleinen Flöte aus dem 15. Jahrhundert).

Louis Gay-Lussac prägte 1824 den Begriff für ein medizinisches Laborgerät. Er nahm geringe Veränderungen an der Arbeit von Descroizilles vor und benutzte das Wort pipette in einer Abhandlung über Indigolösungen.

15 Jahre später gibt es die ersten Nachweise in gedruckter Form, und zwar in Andrew Ures A dictionary of arts, manufactures, and mines: „Mit Hilfe einer Pipette erhalten wir auf einfache Weise eine Menge von 100 Kubikzentimetern.“

Pasteurs Pipette war ein einfaches Glasröhrchen, an einem Ende mit Baumwollwatte verschlossen, welche Luft durchließ, die Mikroben jedoch zurückhielt. Heute kennen wir die Tropfpipette oder Augenpipette als Pasteurpipette, aber der Fachbegriff wurde bereits am Ende des 19. Jahrhunderts geprägt und tauchte gedruckt erstmals 1899 in Proceedings of the Royal Society of London auf: „Soll das Blut zur weiteren Überprüfung aufbewahrt werden, sollte man es in eine graduierte Pasteurpipette aufziehen.“

Zu dieser Zeit begannen die Wissenschaftler, das nötige Vakuum für die Funktion der Pipette mit dem Mund zu erzeugen. Dieses Pipettieren mit dem Mund hatte aber zahlreiche Infektionen zur Folge, wobei sich die erste bekannte 1839 in einem Labor ereignete, als ein Arzt versehentlich eine Typhusbazillenkultur ansaugte.

1924 wurde das erste bekannte vollständige Patent eingereicht, in dem Blut für Zuckertests verdünnt wurde. Im Wesentlichen ging es um ein Röhrchen zur Messung der Blutmenge, die nach Einführen des spitzen Endes in den Patienten angesaugt wurde.

In den 1940er Jahren, als der Kunststoff erfunden war, revolutionierte die kostengünstig und schnell herstellbare Kunststoffpipette die Branche.

Die erste Mikropipette wurde 1957 von dem Deutschen Dr Heinrich Schnitger patentiert, die kommerzielle Produktion startete 1961. 1972 erfand man die praktischen, wie eine Pistole betätigten Luftverdrängerpipetten, die man heute umgangssprachlich und zu Ehren eines ihrer Erfinder als Gilson bezeichnet.

Der neuerliche Technologieboom führte zur Entwicklung der mikrofluidischen Pipetten und zur Robotisierung der Pipettenkalibrierung, aber das Grundinstrument zum Befördern einer abgemessenen Flüssigkeitsmenge bleibt immer gleich – die „gute“ alte Pipette.