14.02.2017

Produkthaftung bei Übersetzungen

Im Rahmen der Vorbereitungen zur Zertifizierung für die Norm DIN ISO 17100:2015, hat sich die EVS Translations Gruppe intensiv mit dem Thema Produkthaftung bei Übersetzungen auseinandergesetzt. Denn ganz so einfach, wie bei Produkten „zum Anfassen“, ist es nicht. So sehr, wie es uns als Übersetzungsdienstleister beschäftigt, treibt dieses Thema auch unsere Kunden um.

EVS Translations hat sich professionellen Rat geholt – Justyna Rulewicz* ­– Rechtsanwältin bei GLOCK Rechtsanwälte Notar bringt Licht ins Dunkle:

Justyna Rulewicz, Rechtsanwältin bei GLOCK Rechtsanwälte Notar
Justyna Rulewicz, Rechtsanwältin bei GLOCK Rechtsanwälte Notar

Verursacht  ein fehlerhaftes Produkt Schäden, so stehen dem Geschädigten grundsätzlich zwei Anspruchsgrundlagen zur Verfügung: Zum einen die sogenannte „deliktische Produzentenhaftung“ nach § 823 BGB, die Vorsatz oder Fahrlässigkeit des  Herstellers voraussetzt. Zum anderen gibt es die Haftung nach dem  Produkthaftungsgesetz. Auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit kommt es hier nicht an, daher ist es auch unter „Gefährdungshaftung“ bekannt. Diese kann vom Hersteller in Einzelverträgen oder den AGB weder ausgeschlossen, noch beschränkt werden, § 14 ProdHaftG. Nun könnte man meinen, der Fall ist eindeutig. Bei Übersetzungen handelt es sich jedoch nicht um ein Produkt im Sinne einer „beweglichen Sache“ (§2 ProdHaftG), sondern um eine Dienstleistung bzw. intellektuelle Leistung.  Nach der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung ist die Haftung für Übersetzungsfehler nach dem Produkthaftungsgesetz ausgeschlossen.

Die Produzentenhaftung nach dem BGB greift insofern weiter, als dass man unter „Produkt“ auch intellektuelle Leistungen – also auch Übersetzungen – versteht. Jedoch wird die Haftung wiederrum auf der Verschuldensebene eingegrenzt: Der Hersteller eines Produkts haftet nur dann, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig (im Sinne des § 276 BGB) gehandelt hat.

Hier gibt es auch immer eine Möglichkeit der „Entlastung“, in der vorgebracht werden kann, dass man nötigen Sorgfaltsmaßnahmen Folge geleistet hat. Im b2b-Bereich kann die Haftung ferner in den AGB insofern eingeschränkt werden, dass eine einfache Fahrlässigkeit ausgeschlossen wird, bei grober (schwerer) Fahrlässigkeit jedoch ein Schadensanspruch besteht, der auf den vorhersehbaren, typischerweise eintretenden Schaden begrenzt ist.

Doch was ist ein vorhersehbarer, typischerweise eintretender Schaden aufgrund von fehlerhaften Übersetzungen? Ein Beispiel wäre die Übersetzung eines Informationsprospektes, das aufgrund eines Übersetzungsfehlers neu gedruckt werden müsste. Die erneuten Druckkosten stellen im Rahmen von Übersetzungsleistungen einen vorhersehbaren, typischerweise eintretenden Schaden dar, der vom Übersetzungsdienstleister gegenüber dem Kunden getragen werden muss. Demgegenüber können atypische Schäden bzw. ungewöhnliche Schadenskonstellationen durch eine entsprechende Klausel in den AGB ausgeschlossen werden.

Die Produkthaftung bzw. Produzentenhaftung wahrlich ist kein einfaches Unterfangen – besonders nicht bei einem so komplexen „Produkt“ wie der Übersetzung. Mit professioneller Beratung ist man daher auf der sicheren Seite und kann eine klare Grundlage für Kunde und Sprachdienstleister schaffen.

* Justyna Rulewicz ist seit September 2015 als Rechtsanwältin bei GLOCK Rechtsanwälte Notar in Frankfurt am Main tätig. Zu Ihren Spezialgebieten gehören neben dem Vertrags-, Handels- und Gesellschaftsrecht, auch Wettbewerbs- und Urheberrecht sowie IT- und Internetrecht. Da sie selbst vier Sprachen beherrscht, ist es nur logische Konsequenz, dass Sie EVS Translations zum Thema Produkthaftung berät.