26.05.2020

Visual Search

Visual Search – Wort des Tages – EVS Translations
Visual Search – Wort des Tages – EVS Translations

Es gibt einen guten Grund, warum die Höhlenmalereien von Lascaux nicht mit Überschriften versehen wurden – außer der Tatsache, dass sie bereits rund 11.000 Jahre vor Entstehung der ersten Schriftsysteme angefertigt wurden. Sie machen sehr deutlich, dass wir visuelle Lebewesen sind. Wir können in Bildern denken, sie wahrnehmen und unmittelbar erkennen. Geschriebenen Text zu lesen, zu begreifen und zu verstehen nimmt in der Regel wesentlich mehr Zeit in Anspruch. Der Löwenanteil der Inhalte im Internet hat dieser Tatsache jedoch lange Zeit nicht Rechnung getragen. In den letzten zehn Jahren wurden allerdings Fortschritte in Sachen Kameraqualität, mobile Konnektivität, Verarbeitungsleistung und maschinelles Lernen erzielt, die dazu geführt haben, dass wir das Internet inzwischen besser an unsere Bedürfnisse angepasst nutzen können. Man glaubt, was man sieht, daher wollen wir uns den heutigen Begriff genauer ansehen: Visual Search.

Der Begriff Visual Search bezeichnet die Nutzung eines Bildes zur Suche nach entsprechenden Ergebnissen mithilfe einer Suchmaschine – ähnlich wie die Suche nach Stichworten, nur mit Bildern. Die Aufgliederung des Begriffs in seine einzelnen Bestandteile ergibt Folgendes: Visual kommt vom Lateinischen videre und bedeutet „sehen“. Im Englischen taucht das Wort zum ersten Mal im Jahr 1603 in der von Philemon Holland angefertigten Übersetzung von Plutarchs Moralia auf, in der es wie folgt heißt: „As the one [die Sonne] kindles, bringeth forth and stirreth up the visual power and virtue of the sense.“ Search hingegen – hier kurz für „Search Engine“ (Suchmaschine) – stammt vom altfranzösischen Wort cherchier und erscheint zum ersten Mal in einer Ausgabe des Magazins American Libraries von 1984: „Notice the trend toward associative hardware search engines, e.g., GESCAN 2, a General Electric computer built specifically for searching rather than for general purposes.“ Die erste (bislang bekannte) Erwähnung des Begriffs findet sich in einer Arbeit von Christian Schulte mit dem Titel Programming Constraint Interference Engines, die 1997 auf der International Conference on Principles and Practice of Constraint Programming vorgestellt wurde und in der er schreibt: „Using computation spaces, the paper covers several inference engines ranging from standard search strategies to techniques new to constraint programming, including limited discrepancy search, visual search, and saturation.”

Im Gegensatz zur traditionellen Bildersuche, bei der auf Basis von Text nach Bildern gesucht wird, erfolgt die Visual Search allein auf der Grundlage von Bildern. Mit anderen Worten: Im Gegensatz zum Einsatz von Text-Metadaten, die festlegen, was ein Bild ist, beruht Visual Search auf dem Konzept, Computern mithilfe von maschinellem Lernen beizubringen, visuell zu verstehen, was sie „sehen“. Sobald der Computer anfängt, zu „verstehen“, was er sieht, und den entsprechenden Kontext anhand von Trainingsdatensätzen, Skalierung und Quervergleichen zu begreifen, beginnt er, zu verstehen, wie und wo er Bilder am besten einsetzen kann.

Wir stehen in Bezug auf die Möglichkeiten, die Visual Search bereithält, zwar erst am Anfang, doch einige Unternehmen haben in diesem Bereich bereits signifikante Fortschritte erzielt. Es überrascht nicht, dass Google (Google Lens, eingeführt im Jahr 2017) bei der Anwendung der Technologie an vorderster Front steht: Mit der Foto-App, der App Google Search und dem Google Assistant können Fotos klassifiziert, Informationen/Bewertungen zu einem Ort auf der Basis eines einfachen Fotos abgerufen und Texte aus Bildern in Echtzeit übersetzt werden. Pinterest verzeichnet jeden Monat 600 Millionen visuelle Suchvorgänge, ermöglicht Marken, per Visual Search über 5.000 Kategorien abzudecken, und geht davon aus, in diesem Jahr mit Visual Search Werbeeinnahmen in Höhe von 1 Milliarde US-Dollar zu erzielen. Zudem sind mit Echo Show und Spot nun Geräte auf dem Markt, mit denen Amazon-Käufer per Visual Search in Snapchat oder auf Instagram Produkte suchen und mittels der Kamerasuchfunktion der App kaufen können – ein Beleg für die erheblichen Investitionen, die in diese Technologie geflossen sind.

„Die Zukunft ist jetzt“ – das zeigt uns auch das Thema Visual Search.