06.01.2015

Epidural

Epidural - Wort des Tages - EVS Translations
Epidural – Wort des Tages – EVS Translations

Bei der Epiduralanästhesie, einer weit verbreiteten Form der Schmerzbetäubung bei Geburten, wird ein Betäubungsmittel in den Epiduralraum gespritzt. Heute ist dieses Verfahren unter dem Akronym PDA bekannt, das für Periduralanästhesie steht, einen Begriff, der synonym mit Epiduralanästhesie verwendet wird. Der Wortbestandteil „Epidural“ stammt aus dem Altgriechischen und setzt sich aus epi, einer Vorsilbe mit der Bedeutung auf, an, und dura zusammen, einer Kurzform von Dura mater, der äußersten Hirn- und Rückenmarkshaut. Die Epiduralanästhesie wird seit den 40er-Jahren des 20. Jahrhunderts eingesetzt und wurde damals als kaudale Blockade bezeichnet, da das Betäubungsmittel in der Nähe des Steißbeins injiziert wurde. Erst in den 1970ern entwickelte sich die PDA in der Form, in der wir sie heute kennen, zu einer beliebten Methode der Betäubung von Geburtsschmerzen. 1968 bezeichnete die britische Tageszeitung The Guardian die Epiduralanästhesie als „ein Verfahren, bei dem einer Frau während der Geburt ein Kokainderivat in die die Rückenmarksflüssigkeit umgebende Membran gespritzt wird, um die Schmerzempfindung, jedoch nicht das Bewusstsein auszuschalten“.

Es mag verwundern, dass sich viele Frauen für eine natürliche Geburt ohne diese medizinische Intervention entscheiden und der PDA – und damit Schmerzfreiheit in der unteren Körperhälfte bei der Geburt – eine Absage erteilen. Nur wenige Erfahrungen dürften so schmerzhaft sein wie die Geburt eines Kindes und dennoch sind viele Frauen fest entschlossen, dem Schmerz ohne die Hilfe von Betäubungsmitteln und stattdessen mit psychologischen oder alternativen Methoden wie z. B. der Hypnotherapie zu begegnen. Da kann man sich schon fragen, warum sich jemand so etwas antut. Doch natürlich gibt es gute Gründe dafür, sich gegen eine PDA zu entscheiden. Denn erstens kann diese Form der Betäubung sowohl für die Frau als auch das Neugeborene mit Nebenwirkungen verbunden sein und zweitens besteht die Gefahr, dass eine PDA den Geburtsvorgang in die Länge zieht und damit das Komplikationsrisiko erhöht. Auch Hebammen haben es oft nicht eilig, den Anästhesisten herbeizurufen, sondern versuchen stattdessen, die Gebärende so lange wie möglich mit motivierenden Parolen wie „Frauen sind dafür gebaut, Kinder zu bekommen – eine Geburt ist etwas ganz Natürliches“ bei der Stange zu halten. Angesichts der Tatsache, dass Geburten bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts viele kerngesunde Frauen das Leben kosteten, scheint es allerdings legitim, die Frage aufzuwerfen, ob das tatsächlich so ist bzw. was sich die Natur da bloß gedacht hat.

Es gibt Frauen, die die PDA als ein störendes Element beim Übergang zur Mutterschaft ansehen, andere fühlen sich zu einer natürlichen Geburt gedrängt oder haben nach einer Geburt mit PDA Schuldgefühle. Die meisten Mütter reden gerne über ihre Geburt (wenn sie nicht gerade traumatisch bzw. mit gefährlichen Komplikationen war) und werden nicht müde, zu erzählen, wie lange sie in den Wehen lagen, wie sehr sie vom werdenden Vater unterstützt wurden usw. Die Geburt eines Kindes ist wahrlich eine verrückte Angelegenheit und eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen man ungeschoren davonkommt, wenn man dem anwesenden Pflegepersonal Sprüche wie „Jetzt gebt mir schon irgendwas gegen die Schmerzen, verdammt noch mal!“ um die Ohren haut. Am Ende, wenn das kleine, rosa Wunder erst mal auf der Welt ist und alle „Oh, wie süß!“ rufen, ist sowieso alles vergessen. Es ist toll, dass es die Epiduralanästhesie gibt, ganz klar. Sie kann die Angst vor der Geburt nehmen bzw. mildern und Frauen sollten sich nicht unter Druck gesetzt fühlen, ohne sie auszukommen. Sicher ist aber auch, dass eine natürliche Geburt ohne jegliche medizinische Intervention ein zwar sehr schmerzhaftes, aber auch sehr besonderes Erlebnis sein kann.