20.08.2019

Expedition

Expedition – Wort des Tages – EVS Translations
Expedition – Wort des Tages – EVS Translations

Unser heutiges Wort beschreibt mehr als einen kleinen Tagesausflug oder Wochenendtrip. Es beschwört Bilder von exotischen, gefährlichen und weit entfernten Orten herauf – Nord- oder Südpol, das tiefe Dickicht des Dschungels oder der Gipfel des Mount Everest. Egal ob die Unternehmung glückt oder nicht, die Strapazen, Erfolge und Entbehrungen der Menschen, die wir mit dem heutigen Wort des Tages verbinden, vermögen es noch immer, die Öffentlichkeit zu fesseln. Namen wie Byrd gehören dazu, Shackleton, Scott, Hillary oder das mysteriöse Schicksal von Mallory und Irvine. Keine Frage, große Expeditionen ziehen uns in ihren Bann und beflügeln unsere Fantasie, doch wie sieht es eigentlich mit dem Wort selbst aus?

Unser Wort Expedition geht direkt auf den altfranzösischen Begriff expedicion zurück, der eine „schnelle Umsetzung“ oder eine „besondere Mission“ beschreibt. Dass die beiden Bedeutungen scheinbar nichts miteinander zu tun haben, liegt an den lateinischen Wurzeln des Begriffs. Unser Begriff entwickelte sich aus expeditionem, worunter eine Militäraktion verstanden wurde, ursprünglich liegt jedoch der ältere Begriff expedire zugrunde, der die Bedeutung von „vorbereiten, bereit machen“ in einem allgemeineren Sinne hatte.

Heute verstehen wir unter dem Wort meist eine Erkundungsreise im Dienste der Forschung. Betrachtet man jedoch, wie der Begriff Einzug in die englische Sprache gehalten hat, so zeigt sich, dass dies keinesfalls immer so gewesen ist. Die erste Verwendung des Wortes im Englischen findet sich im Troy Book, einem von dem Mönch John Lydgate verfassten Gedicht aus dem Jahre 1430, das die Geschichte Trojas von der Gründung bis zum Trojanischen Krieg beschreibt. Hier wird das Wort in der Überschrift „In this expedition towards Colchos“ [zu Deutsch: In dieser Expedition nach Kolchis] im rein militärischen Sinne verwendet.

Wenig überraschenderweise dauerte es nach der ersten „martialisch“ geprägten Erwähnung nicht lange, bis auch die Bedeutung des zugrunde liegenden Begriffs auftauchte. Ausgehend von „vorbereiten, bereit machen“ wurde die Bedeutung des Wortes leicht abgewandelt zu „Aktion des Voranbringens, Ausführens oder des schnellen Erreichens eines Ziels”, wofür sich beispielsweise in dem Werk Some Account of Domestic Architecture in England, from Richard II to Henry VIII aus dem Jahre 1859 von Thomas Turner und John Parker ein Beleg findet. In einem Abschnitt über die Herrschaft von Heinrich VI. von England (1445) notiert ein „W. Clebe“: „For puryance & hasty expedition of the necessities aforesaid“ [zu Deutsch: Zur Lieferung und eiligen Expedition der genannten Güter].

Im Verlauf des nächsten Jahrhunderts ging die militärische Verwendung des Wortes zurück und die Merkmale Schnelligkeit, Unverzüglichkeit und Eile bildeten sich aus der ursprünglichen Idee des Vorbereitens und Bereitmachens heraus. In William Scoones’ Sammlung Four Centuries of English Letters aus dem Jahre 1880 findet sich ein auf 1529 datierter Brief des Erzbischofs/Kardinals, Staatsmannes und Almoseniers Thomas Wolsey, in dem dieser seine Hoffnung zum Ausdruck bringt, dass in seinem Anliegen Schnelligkeit walten gelassen werde: „That expedicion be used in my pursuits“.

Auch im Folgenden wurde der Begriff „expedition“ mit Schnelligkeit assoziiert, gerade vor dem Hintergrund seiner heutigen Interpretation im Sinne von Exkursion überrascht es jedoch kaum, dass seine Bedeutung auch eng mit den britischen Aktivitäten im Zeitalter der Entdeckungen verbunden ist. In einem der ersten Stücke Shakespeares, den Two Gentlemen of Verona von etwa 1616, heißt es: „You shall be imployd, To hasten on his Expedition“ [in der deutschen Übersetzung von Dorothea Tieck: du sollst mir Hülfe leisten, um eiligst seine Reise zu befördern]. Hier wird mit dem Begriff eine Reise oder Exkursion  bezeichnet, die einem bestimmten Zweck dient. Interessanterweise ist 1616 zugleich das Jahr, in dem Jamestown die Hauptstadt der Kolonie Virginia wurde, einer jener englischen Kolonien, die später die Vereinigten Staaten von Amerika wurden.

In einem Eintrag von 1693 vermerkt schließlich der englische Historiker und Bibliograf Narcissus Luttrell in seinem Werk A Brief Historical Relation of State Affairs from September, 1678 to April 1714: “A draught is made out of the several regiments..to go on board the expedition” [zu Deutsch: Es erfolgt ein Einzug aus verschiedenen Regimentern … für die Expedition]. Damit führt er die beiden ursprünglichen Bedeutungen zusammen und festigt endgültig unser heutiges Verständnis des Begriffs als gut ausgerüstete Gruppe von Personen, die auf die Reise geschickt wird, um eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen (sei sie militärischer oder anderer Art).

Nun ist es ohne Zweifel spannend, sich in die aufregenden Erzählungen der großen Abenteurer zu vertiefen. Wer selbst in ein Abenteuer verwickelt ist, wird die Aufregung jedoch weit weniger vergnüglich finden. Hoffen wir also, dass der nächste Ausflug oder Urlaub nicht als Expedition endet.